Bericht in der Zürichseezeitung vom 1. Februar 2013 über die Fusion
Kaltbrunner SVP macht Stimmung
gegen Fusions-Prozess
FUSION. Im Juni stimmen die Bürger von Schmerikon, Uznach, Kaltbrunn und Benken ein erstes Mal über die Gemeindevereinigung ab. Die SVP Kaltbrunn spricht sich jetzt schon deutlich gegen die Fusion aus – und übt
Kritik am Vorgehen der Gemeinden.
MARCO LÜGSTENMANN
Bei der Grundsatzabstimmung zur Grossfusion im Linthgebiet wird er bestimmt Nein sagen: Ernst Frischknecht, Präsident der SVP Kaltbrunn. «Ich sehe den Sinn dieser Gemeindevereinigung ganz und gar nicht», findet er, nachdem das Thema bei der letzten Vorstandssitzung thematisiert wurde. Diverse Studien würden beweisen, dass eine Gemeinde mit 4500 Einwohnern sehr effizient arbeiten könne, moniert
er. Folglich habe Kaltbrunn jetzt eine geradezu ideale Grösse erreicht.
Die von den Gemeinderäten in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie,
die vor allem bei Grossprojekten Vorteile verspricht, sei hingegen zu unkonkret. «Viele zentrale Fragen bleiben unbeantwortet, oft spricht man von wenn, könnte und vielleicht.» Die Unterlagen seien als Entscheidungsgrundlage für den Bürger zu wenig aussagekräftig und deshalb ungeeignet.
«Der Beirat ist eine Farce»
Oskar Pfister, Präsident der FDP Uznach, hat wenig Verständnis für diese markigen Worte. Das Vorpreschen der SVP Kaltbrunn komme zum völlig falschen Zeitpunkt. «Es ist zu früh, jetzt alles schlechtzureden.Wir stimmen ab, damit detaillierte Abklärungen überhaupt erst möglich werden.» Es dränge sich die Frage auf, ob die SVP Kaltbrunn prinzipiell
gegen das Neue sei. Frischknecht seinerseits stört sich aber auch ob dem zeitlichen Fahrplan der geplanten Fusion. «Es geht alles sehr schnell. Ich
verstehe nicht, wieso ein solcher Druck aufgesetzt wird.» Generell hat Frischknecht das Gefühl, dass die Fusion durchgedrückt werden soll und die Meinung der Bürger gar nicht wirklich zählt. Das habe er zumindest im Fusions-Beirat, dem auch die Parteien angehören, so wahrgenommen. Das Ganze war eine Farce. Wir wurden zwar zur Sitzung eingeladen, durften aber nur zehn Minuten mitreden.»
Konstruktive Diskussionen
Der Uzner Gemeindepräsident, Erwin Camenisch, wehrt sich gegen diesen Vorwurf. Die Dauer von vier Jahren für den Fusions-Prozess sei absolut üblich, und die Anregungen des Beirates seien sehr wichtig. «Wir hatten jeweils konstruktive Diskussionen.» Der Beirat sei ein sehr wichtiges Gefäss, Redezeitbeschränkungen gebe es nicht. Auch Vertreter anderer Ortsparteien sehen das Problem nicht. Sandro Morelli, Präsident der
CVP Benken, gegenüber der Fusion selbst auch kritisch eingestellt,
hat die Diskussion im Beirat sehr positiv erlebt. «Wir hatten jederzeit die Möglichkeit, Fragen aufzuwerfen und Inputs zu geben.» Die Arbeit des Gremiums empfinde er als wichtig für den Fusions-Prozess.
Fusionieren oder nicht? Die Ortsparteien blicken voraus
FUSION. Die offiziellen Parloen sind zwar noch nicht gefasst. Die «ZSZ» hat bei den Präsidenten der Ortsparteien trotzdem schon einmal den "Fusions-Puls" gefühlt. SVP und CVP sind tendenziell kritisch eingestellt. Offener hingegen zeigen sich FDP und SP.
MARCO LÜGSTENMANN
Dass die Bürger der vier heiratswilligen Gemeinden bei
der Grundsatzabstimmung im Juni zu Wort kommen, begrüssen
die Ortsparteien durchs Band. Ansonsten sind die Meinungen bezüglich der Grossfusion geteilt.
Die SVP Kaltbrunn spricht sich bereits jetzt dezidiert
gegen die Gemeindevereinigung aus. Präsident Ernst Frischknecht prangert nicht nur das schnelle Vorgehen der
Gemeinden an, sondern befürchtet auch finanzielle nachteile. Er glaubt nicht, dass die Gemeinde Kaltbrunn ihren Steuerfuss – den tiefsten der vier Gemeinden – halten könnte.
Weniger ablehnend, aber dennoch kritisch ist auch Stefan Rüegg, Präsident der SVP Uznach. Er ist dafür, dass eine Fusion geprüft wird. "Umsetzen sollten wir sie aber nur, wenn sie uns klar messbare Vorteile bringt, und nicht weil es gerade im Trend liegt.» Denn die Risiken seien zahlreich. Es drohe ein Identitätsverlust, die Bürger würden sich weniger engagieren, der einzelne Wähler habe bei Abstimmungen weniger Gewicht, und als Partei werde es
schwieriger, Mehrheiten zu finden. Auch den immer wieder vorgebrachten Spar-Visionen traut Rüegg noch nicht. Bei
der Feuerwehr-Fusion zwischen Schmerikon und Uznach habe man auch Einsparungen angekündigt, inzwischen seien die
Kosten aber gestiegen.
CVP eher kritisch
Bezogen auf die Finanzen befürchtet Rüegg gar negative
Folgen. Dies, weil Uznach in der Vergangenheit viel in seine Infrastruktur investiert und grosse Baustellen
bereits abgeschlossen hat. So etwa den Umbau des Bahnhofs
oder den Neubau des Oberstufenzentrums. «Wir haben teure
Vorhaben allein umgesetzt, die kommenden Projekte der
anderen müssen wir später mitzahlen.»
Auch Sandro Morelli, Präsident der CVP Benken, scheint sich bisher nicht übermässig für die Fusionsidee begeistern zu können. Zwar werde seine Partei - wie die meisten anderen - erst im April ihre offizielle Parole fassen. In den bisherigen Diskussionen habe aber ein grundsätzlich kritischer Ton geherrscht. "Und ich weiss, dass das bei der CVP in Uznach und Kaltbrunn genauso der Fall ist." Er persönlich werde im Juni tendenziell Nein sagen. Abgesehen davon, dass eine Fusion eine sehr emotionale Sache sei, führt Morelli besonder die weiten
Wege bei einer zentralen Verwaltung und die finanziellen
Unsicherheiten als Argumente ins Feld. «Es ist völlig
unklar, ob uns die Fusion den gewünschten Effekt bringt.»
Klare Zahlen gefordert
Um dies herauszufinden, müsse man Ja stimmen,findet Markus S. Blarer, Präsident der FDP Schmerikon. Denn detaillierte Abklärungen werden erst nach der Grundsatz-abstimmung in
Angriff genommen. «Natürlich sind alle vier Gemeinden
fähig,allein zu leben. Trotzdem braucht es eine geanue Prüfung, ob uns eine Fusion hilft." Danach könne man das
Projekt immer noch ablehnen, ohne übermässig viel Geld
verloren zu haben. Morelli hingegen gibt zu bedenken, es
sei äusserst schwierig, die Fusion abzulehnen, wenn man
erst einmal Gelder für genauere Abklärungen gesprochen
hat. «Deshalb wollen wir vor der Abstimmung auf alle Fälle
wissen, wie hoch der Betrag in etwa ausfallen wird.»
Bei der SP überwiegen indes die positiven Meinungen.
Eva Keller, Präsidentin der Sozialdemokraten aus
Kaltbrunn, meint: "Fusionen sind die Zukunft, und wir sind offen dafür. Den aktuellen Prozess werden wir bestimmt nicht bremsen." Themen wie die Raumplanung, die Verkehrsproblematik, Bildung oder Altersvorsorge müssten endlich gemeinsam angegangen werden. "Allein kommen wir nicht weiter." Das zeige das Drama ums Hallenbad in Scherikon deutlich.
Ängste ernst nehmen
Dass das Heimatgefühl der Bürger leiden könnte, weiss aber auch Keller. «Wir müssen diese Ängste ernst nehmen und daran arbeiten, dass sich die Leute nicht verloren
fühlen.» Reto Thomann, Präsident der SP Schmerikon, glaubt hingegen nicht, dass sich die emotionalen
Umstellungen negativ auf die Lebensqualität auswirken
würden. Er wird beim Grundsatzentscheid im Sommer Ja stimmen «Auch wenn wir irgendwann fusionieren, bin und
bleibe ich trotzdem Schmerkner.»